Die Unglücksnacht des 9. Decembris 1778 in Blankenstein
Fam.:
Mathias Jörgen Niefind ( Ilka’s Vorfahren )
und Margaretha Elisabeth Striebeck
Mitte des 18. Jahrhunderts lebte in Blankenstein eine Messerschmied-Familie Niefind. Der Senior Matthias Georg (Jörgen) aus Hattingen hatte 1739 die Blankensteiner Bürgerstochter Margaretha Elisabeth Striebeck geheiratet.
Er starb als Blankensteiner Bürger 1777. Sein Sohn Johann Henrich Georg war ebenfalls Messerschmied. In seine Zeit fallt die Nennung der " Messerfabrique " von " Niefind und Konsorten " im Jahre 1788. Sie produzierte in einem Jahr mit nur neun Mitarbeitern Waren im Werte von 1610 Reichstalern und war danach der bedeutendste Gewerbebetrieb in Blankenstein zu dieser Zeit.
Zehn Jahre früher passierte der Familie Niefind ein ganz außergewöhnliches Unglück, bei welchem die siebzigjahrige Witwe von Matthias Georg Niefind zu Tode kam. Man kann die Geschichte nicht besser schildern
als das
Begräbnisregister der Evangelischen Kirchengemeinde Blankenstein.
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Die erste Eintragung eines Sterbefalles durch den neu eingeführten Pfarrer Friedrich Glaser lautet:
" 1778 den 9ten Decembris hat die Witwe des seel. Mathias Georg Niefind geb. Margaretha, Elisabeth geb. Stribeck , im 71 Jahr ihres Alters, das Leben geendigt.
Sie fiel zur Abendzeit in einen, ihrem Hause gegenüberliegenden, Kohlschacht, der voll Wasser war. Dieser war vor vielen Jahren wieder zugeworfen, und bey anhaltender naßen Witterung, izt, ohne jemanden Wißen, eingestürzt. Da nun die verblichene Witwe eben an eines Nachbahrs Hauß gehen wolte, so ward sie von ihrer kleinen Enkelin mit einer Laterne begleitet, die Laterne verlöschte aber, die Enkelin kehrte zurück und die Witwe fiel in den Kohlschacht ; indem sie aber fiel, gab sie einen Laut von sich, und die Enckelin welche dies hörte, zeigte ihren Eltern an, daß die Großmutter zur Erde gefallen wäre.
Darauf eilte der Witwe ihre Schwiegertochter zur Hülfe herbei und fiel auch in den Waßerschacht; deren Ehemann der Messerschmidt Joh. Henr. Georg Niefind wolte sehen wo seine Frau und Mutter so lange blieben und wie er hinausging, hörte er seine Frau schreien , er wußte nicht was derselben begegnet war , eilte an den Ort woher das Geschrei kahm und stürzte auch in den Kohlschacht .
Das 32 Fus tiefe Waßer hob ihn aus der Tiefe wieder in die Höhe und er erhaschte eine in den Waßerschacht hineingewachsene Baumwurzel, an welche sich seine Gattin schon festhielte.
Nun schrie das im Waßer schwebende Ehepaar lange vergeblich um Hülfe; endlich kommt der Knecht des Messerschmidts, eilt an den Ort wo er seinen Meister rufen hört und fällt auch in den Waßerschacht.
Ein Nachbar eilt im Dunklen herbey und die furchtbare Grube verschlingt auch diesen. -
Endlich wird doch diese Trauergeschichte der Nachbarschaft bekannt and nun werden gleich Veranstaltungen zur
geschwindesten Rettung gemacht. Die 4 zulezt in die Grube gestürzte Personen werden glücklich und ohnbeschädigt, die zuerst hineingestürzte Witwe aber, nach vielem vergeblichen Suchen, endlich, todt hinausgezogen. "
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Diese anschauliche Darstellung
des Dramas in der dunklen Winternacht bedarf kaum einer Erläuterung. Mit dem 32 Fuß oder fast 10m hoch voll Wasser stehenden Kohlschacht ist natürlich der verfüllte Schacht eines der kleinen frühen Bergwerke gemeint. Auch in unlängst
vergangenen Jahrzehnten fielen die sogenannten Tagesbrüche über früheren Bergwerksteilen / -Stollen vornehmlich bei anhaltend nassem Wetter.
Die tiefe Dunkelheit, die damals geherrscht haben muß, können wir uns heute kaum vorstellen. Auch in mondlosen Nächten ist es ja bei uns nie völlig dunkel. Früher dagegen konnte man sicher buchstäblich nicht die Hand vor Augen sehen, zumal es auch in den Häusern nur ganz spärliche Lichtquellen gab. So muß es auch in der Unglücksnacht gewesen sein, und so ist das beinahe unwahrscheinliche Geschehen zu erklären, daß nacheinander fünf Menschen in den Tagesbruch fielen. Dabei ist fast erstaunlich, daß das ungewöhnliche Unglück außer der alten Frau keine weiteren Todesopfer gefordert hat.
Erforscht und gefunden von Ilka Sandmann
im September 1988
Übersetzt und kommentiert von Erwin Wied
im Dezember 1988
Karl und Ilka
Sandmann
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© Karl Sandmann 2002